Veranstaltung 

Krise, Schulden, Widerstand – Eine andere Politik ist möglich!

„Beispiel Griechenland“

 

Referent: Theodoros Paraskevopoulos, Athen

 

19. November 2012, 19:30 Uhr, Nachbarschaftshaus Gostenhof, Adam-Klein-Str. 6, Nürnberg.

Gleich zu Beginn des Vortrags lag Theodoros Paraskevopoulos(*) sehr viel daran, klarzustellen, dass die Maßnahmen der Troika der griechischen Regierung nicht aufgezwungen werden müssten. Tatsächlich handele es sich im wesentlichen um Maßnahmen, die schon mehrere Regierungen durchsetzen wollten. Sie seien aber am Widerstand der griechischen Bevölkerung gescheitert. Er bezeichnete als Krisenursachen einmal die Armut der Menschen in Griechenland, die die Menschen zwingt, zur Finanzierung des Lebensunterhalts Kredite aufzunehmen, die dann oft nicht zurückgezahlt werden können. Weiter trug zum Staatsdefizit eine Politik bei, die Griechenland zur regionalen Großmacht etablieren wollte, sowie Projekte wie die Olympischen Spiele. Durch Steuerwettbewerb zwischen den Staaten konnten die Einnahmen des griechischen Staats nicht entsprechend gestaltet werden. Das griechische Wirtschaftswachstum vor der Krise war im wesentlichen über Kredite finanziert. Der Referent sieht die griechische Situation in einer dreifachen Krise: Einer Weltwirtschaftskrise des Kapitals, des Staates und der Arbeit.

Als erste Maßnahme schlug er einen Schuldenschnitt mit Wachstumsklausel vor, nach dem Vorbild Deutschlands nach den zweiten Weltkrieg: Eine Rückzahl-Quote von 62 %, Schulden werden nur bedient, solange es wirtschaftlichens Wachstum gibt. Der Schuldenschnitt alleine nütze allerdings nichts, wäre er mit einem neuen Sparpaket verbunden. Die Wirtschaft würde noch weiter zurückgefahren. SYRIZA strebt ein nachhaltiges Wachstum an: Eine radikale Änderung des Steuersystems – Reiche müssen zahlen –, eine ökologische Umgestaltung der Wirtschaft und die Verstaatlichung der Banken. Keine Verstaatlichung im üblichen Sinn, sondern eine öffentliche und demokratische Kontrolle der Banken, an der die Bediensteten der Banken, die Kreditnehmer und der Staat beteiligt sind.

Auch die Sozialsysteme sollen unter öffentliche Kontrolle gestellt werden, verstanden als neue Modelle von Mitbestimmung und Selbstverwaltung. Schon jetzt gibt es, aus der Not geboren, ein breites Solidaritätsnetz an Selbsthilfe,das sich auf die Initiative der Menschen stützt. In 200 Solidaritätshäusern gibt es ärztliche Versorgung, Rechtsberatung und Unterstützung bei der Bildung. Immer mehr Bauern verkaufen ihre Lebensmittel direkt an die Verbraucher. Paraskevopoulos betont, dass für die Regierung, für die Parteien, auch für SYRIZA, und für die beteiligten Menschen diese Art von Selbstverwaltung etwas Neues ist, bei dem alle dazulernen müssen. 

Die Gewerkschaftsbewegung sei mit der Außerkraftsetzung der Tarifverträge praktisch machtlos geworden und müsste neu aufgebaut werden.

Der Vortrag hat einen Eindruck vermittelt über die (mindestens) europäische Dimension der Krisenbewältigung, für die eine (mindestens) europäische Solidarität gefordert ist.

Schwerpunkte der Diskussion waren die Frage, wie die Menschen in Griechenland wieder in Arbeit kommen können und das Aufkommen von Rechtsradikalismus / Faschismus.

(*) Theodoros Paraskevopoulos, Ökonom, SYRIZA; wissenschaftlicher Mitarbeiter der Parlamentsfraktion, war Mitglied der Programmkommission.

Veranstaltung des Sozialforums Nürnberg und attac Nürnberg

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